Schlangen und ihre Ernährung
Ebenso wie die Schlangen verschiedene Lebensräume bewohnen und verschieden gro� werden, ernähren sie sich auch von unterschiedlicher Beute. Die einzelnen Arten verspeisen alles von Insekten, Schnecken, Regenwürmern und Amphibien über Eier, Vögel und Säugetiere bis hin zu anderen Reptilien und Schlangen.
Beim Beuteerwerb kann in zwei Kategorien unterschieden werden:
- "Lauerjäger":
Hierzu zählen die meisten Riesenschlangen, Vipern und Ottern. Die Schlangen verharren über längere Zeit fast unbeweglich, je nach Lebensraum auf einem Ast, im hohen Gras oder unter Sand und erbeuten Tiere geeigneter Grö�e, die sich in ihre Nähe wagen.
- "Stöberjäger":
Hierzu können Nattern und Giftnattern gerechnet werden. Diese Schlangen "stöbern" nach ihrer Beute. Sie ziehen durch das Geäst, Gestrüpp oder auch Wasser und erjagen sich hier etwas Leckeres.
Auch hier unterscheiden sich die Jagdmethoden von Gift- und Würgeschlangen:
Giftschlangen bei�en und injizieren ihrer Beute das Gift, was diese tötet.
Würgeschlangen töten ihre Beute durch erdrosseln - wie der Name schon sagt. Sie halten ihr Opfer mit den Zähnen fest und winden dann schnell mehrere Körperschlingen um das Tier.
Zu kleine, wehrlose Beutetiere - oder Eier - werden noch lebend verschlingen.
Nun kann es zum eigentlichen Fressakt kommen:
Nachdem das Futtertier ausgiebig "beschnüffelt" wurde, beginnt die Schlange es (meist am Kopf) zu verschlingen. Hierzu rängt sie ihren Kiefer aus und schiebt die Zahnreihen abwechselnd ein Stück weiter.
Dies kann je nach Grö�e des Beutetieres und der Schlange zwischen wenigen Minuten und Stunden dauern. Anschlie�end rängt sie ihren Kiefer durch gähnen wieder ein und sucht sich ein ruhiges Plätzchen, um zu verdauen. Auch abhängig von der Grö�e des gefressenen Tieres und der Schlange, ist die Dauer der nun folgenden Ruhephase. So gehen manche schon nach wenigen Tagen wieder auf Futtersuche, andere erst nach Wochen oder sogar Monaten. War das Beutetier sehr klein, suchen manche Schlangen auch gleich weiter...
Wie Schlangen nach Mahlzeiten ihren Darm umbauen
Über Monate hinweg fressen Schlangen keinen Bissen, und dann verschlingen sie plötzlich ein Beutetier, das mitunter größer ist als sie selbst. Schon lange spekulieren Forscher darüber, wie die schlanken Reptilien ihren fastenden Organismus auf diesen Futterberg vorbereiten. Nun hat Matthias Starck, Zoologe an der Universität Jena, den Verdauungsvorgang bei fünf Tigerpythons erstmals im Bild gehalten. Seine Beobachtungen belegen bisherige Vermutungen: "Schlangen bauen Leber und Darm innerhalb kürzester Zeit nach dem Fressakt zu leistungsfähigen Organen auf und bilden sie nach getaner Arbeit wieder in den Ausgangszustand zurück", erläutert der Zoologe. Bis dato war man aber davon ausgegangen, dass der dynamische Oganumbau bei Schlangen dem von Säugetieren und Vögeln gleicht. Die Reptilien wären somit aufgrund ihrer linearen, leicht überschaubaren Anordnung der Organe ein ideales Modellsystem gewesen, um Umbau-, Steuerungs- und Regenerationsvorgänge im menschlichen Organismus näher zu untersuchen. Das Gegenteil sei jedoch der Fall, sagt Starck: "Bei dem einen handelt es sich um ein echtes Zellwachstum. Schlangen blasen ihre Organe sozusagen nur hydraulisch auf."
Verdauung im Ultraschall
Alle sechs bis zwölf Wochen fütterte Starck die etwa zwei Meter langen Schlangen mit Ratten und Kaninchen. Anschließend verfolgte er die Abläufe im Verdauungstrakt mittels Ultraschall und Kern-Spinn-Tomographie, also mit so genannten nichtinvasiven Untersuchungsmethoden, die ohne Skalpell auskommen und die seit langem zur medizinischen Diagnostik eingesetzt werden. In der Zoologie spielen sie bislang nur eine untergeordnete Rolle. Dabei könnten diese Bildgebenden Verfahrenhelfen, den Verbrauch an Versuchstieren in der Forschung zu verringern. Starcks Schätzungen zufolge hätten für seine Untersuchungen unter "herkömmlichen Vesruchsbedingungen" rund 160 Tiere getötet werden müssen, ohne annähernd so aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen", sagt der Zoologe.
Dicke Schleimhaut
"Bereits 24 Stunden nach Fütterung der Tiere sind Leber und Darm erheblich gewachsen", berichtet Starck. Etwa drei Tage, nachdem die Nahrung im Schlund der Schlange verschwunden sei, sei der Durchmesser ihres Darms um rund 30 Prozent gewachsen, und die Darmschleimhaut sei dreimal so dick wie in den Hungerphasen. Sobald das große Fressen begonnen hat, pumpt die Schlange Gewebsflüssigkeit (Lymphe) in die finger- oder blattartigen Erhebungen der Darmschleimhaut, die so genannten Darmzotten,mit deren Hilfe sich die Nährstoffaufnehmende Oberfläche um das Dreifache vergrößert. Gleichzeitig steigt laut Starck die Durchblutung der Darmwand und die Anzahl der Enzyme, die für den Nährstofftransport aus dem Darmlumen in die Zellen verantwortlich sind. "Die Stoffwechselleistung der Schlange gleicht in dieser Zeit der eines sprintenden Pferdes. Bloß das Pferd muss diese extreme Leistung nur einige Minuten aufrechterhalten, die Schlange mehrere Tage", sagt Starck. Die Leber erreicht im Vergleich zur Darmschleimhaut ihr Größenmaximum etwa zwei Tage später, wobei ihr Umfang um gut zwei Drittel zugelegt habe, erklärt Starck. Alles deutet darauf hin, dass diese Vergrößerung durch Einlagerung von Fettröpfchen aus der Nahrung hervorgerufen wird. "Die Schlange nutzt die Leber als Zwischenspeicher", vermutet der Zoologe. "Anschließend verschiebt die die Nährstoffe in Fettdepots, die sich vornehmlich um das Darmrohr herum befinden und die sie in Fastenzeiten aufzehrt." So schnell sich der Schlangenorganismus auf die Nahrungszufuhr einstellt, so schnell bildet er den Verdauungstrakt nach getaner Arbeit wieder zurück. "Haben Maus oder Vogel den Darm passiert, schrumpfen die Organe innerhalb von acht Tagen auf Ausgangsgröße - bis sich der gleiche Vorgang bei der nächsten Fütterung wiederholt."
|